Ich möchte dieses Medium nutzen, um dem interessierten Leser einige meiner Gedanken mitzuteilen, die in den vergangenen Jahren mein Leben von Grund auf verändert haben.

Es ist sehr schwer einen Anfang zu finden, ich probiere es einmal ganz einfach wie folgt:

Grundsätzlich bin ich von Natur aus ein neugieriger Mensch und sehr daran interessiert, den Dingen auf den Grund zu gehen. Das heißt kurz gesagt, ich war nicht immer sofort mit irgendeiner Erklärung irgendeines Menschen - Freundes - Lehrers - Professors - Politikers - Wissenschaftlers - Intellektuellen etc. zufrieden. Ich war immer ganz erpicht darauf, die WAHRHEIT über irgendein Thema zu erfahren. Was grundsätzlich sehr einfach klingt, ist in der Praxis kaum zu realisieren. Das zumindest habe ich feststellen müssen. Ein Grundprinzip ist mir von Beginn an immer im (Hinter)Kopf geblieben:

Jedes Ding hat zwei Seiten

Diese Erkenntnis sollte zu einer meiner wichtigsten werden.Friedrich Wilhelm Nietzsche hat das selbe etwas anders ausgedrückt:

Es gibt nur ein perspektivisches Sehen, ein perspektivisches Erkennen

Dieses philosophische Prinzip hilft aus meiner Sicht sehr, sich irgendeinem Thema zu nähern, ohne sofort von ideologischen oder anders motivierten einfachen Antworten vereinnahmt zu werden.

9 / 11

Nach diesen kurzen einführenden Worten möchte ich hier mit einem sehr einschneidenden Erlebnis für mich beginnen. Es wird vermutlich kaum jemanden geben, der die Zahlen 9 / 11 nicht einem bestimmten Ereignis zuschreibt. Es ist das Datum der sogenannten Terroranschläge in den Vereinigten Staaten. Unendlich viel gibt es darüber zu lesen, zu hören und vor allem zu sehen im Netz der Netze. Darauf möchte ich jetzt gar nicht eingehen. Ich war in diesem Jahr (2001) 35 Jahre alt und Vater von drei klitzekleinen, unendlich lieben, aber auch anstrengenden, quirligen, eigensinnigen, lebendigen und sehr sehr lauten Töchtern. Trotzdem hat mich dieses Ereignis wie so viele andere auch emotional getroffen. Ich war geschockt von den Bildern, die uns die Medien annähernd rund um die Uhr lieferten. Außerdem hatte ich große Angst, ein neuerlicher zerstörerischer Krieg wird über unsere schöne Welt hereinbrechen. Tief im Inneren meines Herzens hoffte ich, dass sie diesen verhassten Arabern nun doch endlich den Garaus machen, damit endlich Ruhe ist.

Jahre später erklärte ich meinen Kindern (damals dachte ich "weise"), dass die Arabische Gesellschaft einen großen Nachteil hätte. Die Religion (also der Islam) und die Regierungsgewalt sind unzertrennlich miteinander verwoben. Das würde zu diesen Problemen führen, die in der Arabischen Welt herrschten. Außerdem müsse ständig die USA "friedenssichernde Maßnahmen" ergreifen, damit die ganze Region nicht noch weiter ins Chaos gleiten würde, wie sie ohnehin schon ist. Es sei zwar schrecklich, so fuhr ich mit meinen Ausführungen fort, dass man Bomben werfen müsse, aber anders ist der Frieden im nahen Osten nicht zu erzwingen.

Grundsätzlich habe ich mich als außerordentlich gut informierten und aufgeklärten Bürger der Europäischen Union gefühlt. Ich war auch sehr patriotisch und stolz darauf, Österreicher zu sein. Der öffentlich rechtliche Rundfunk (ORF) war für mich ein sehr gutes und unbeeinflusstes Informationsmedium. Man bekam von der täglichen Nachrichtensendung (ZiB 1 und für die Nachtschwärmer ZiB 2), Reporte, Dokumentationen, Analysen, Diskussionen etc. alles was man braucht, um ein gut strukturiertes Weltbild zu erhalten. Man hat ein gutes Gefühl dafür bekommen, wer gut (wir) und wer böse (die anderen) ist, man bekam ein klares Feindbild. Man wusste auch, wer dafür kämpft, dass Frieden auf der Welt herrscht und unsere westlichen demokratischen Werte jetzt endlich auch einmal im nahen Osten und in Russland und China Einzug finden. Das muss man im schlimmsten Fall natürlich auch das eine oder andere Mal mit Bomben unter die Gesellschaft bringen, denn sonst glauben die "da unten" und "die im Osten" ja nicht, wie toll wir es haben und dass sie auch so großartig friedlich und in Wohlstand leben könnten.

Außerdem war meine insgeheime Hoffnung, dass irgendwann einmal die USA als die sogenannte Weltpolizei eine so gut es geht vereinheitlichte Weltregierung ins Leben ruft, damit sämtliche Menschen in Frieden und Wohlstand ein großartiges Leben führen können. Keine Kriege mehr, Bildung und Arbeit für alle und in jedem Dorf ein McDonalds. Am Abend gleichgeschaltete Unterhaltung der privaten und Informationen für jedermann in den öffentlich rechtlichen Medien und TV-Anstalten. Mehr braucht man nicht, um glücklich zu sein. Ein Traum.

So sah mein Weltbild bis ca. 2011 aus, dann geschahen kurz hintereinander mehrere Ereignisse in meinem Leben, die mich innerhalb von kurzer Zeit zu einem anderen Menschen werden ließen. Meine Anschauungen begannen zu bröckeln. Erst ganz langsam, scheibchenweise. Im Laufe der Zeit wurde daraus nach dem Schneeballprinzip eine Lawine, deren umstürzende zerstörerischer Kraft mit nichts mehr aufzuhalten war.

Mehr darüber in den nächsten Beiträgen …

Zum Seitenanfang